Corona-bedingte Nachträge zur Miethöhe

manglegal | 20. February 2023

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.09.2022 – 24 U 117/21

Tenor

1. Die durch die Covid-19-Pandemie bedingte Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts führt nicht zu einem Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB.

2. Treffen die Mietvertragsparteien während der Covid-19-Pandemie Vereinbarungen zur Miethöhe, liegen die Voraussetzungen für eine Anpassung der Geschäftsgrundlage nicht mehr vor, wenn anschließend nachteilige Umstände (z. B. Geschäftsschließungen, Kontaktbeschränkungen, allgemeine Kaufzurückhaltung etc.) eintreten, die auf der Covid-19-Pandemie beruhen. Insoweit genügt die konkret-individuelle Vorhersehbarkeit der Störung.

Sachverhalt

Es handelt sich um einen Streit zwischen einem Vermieter und einem Mieter im Hinblick auf ein gewerbliches Mietverhältnis. Die Vermietung erfolgte zum Betrieb eines Bekleidungseinzelhandelsgeschäfts. Der Mieter war aufgrund von Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie zeitweise geschlossen. Die Parteien schlossen einen Mietvertrag mit der Möglichkeit zur Aufrechnung von Gegenforderungen oder der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die Klägerin machte ihre Ansprüche im Urkundenprozess geltend, nahm jedoch in einer späteren mündlichen Verhandlung Abstand davon. Sie behauptete, dass die pandemiebedingten Schließungen keinen Mangel am Mietobjekt darstellen würden, welcher eine Mietminderung rechtfertigen würde. Der Mieter hatte keinen Anspruch auf Anpassung des Vertrages aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, da er bei Abschluss des Vertrages über die Auswirkungen der Pandemie hinreichend informiert gewesen sei. Der Vermieter beantragt die Zahlung der rückständigen Miete.

Entscheidung

Der Mieter war erfolglos und verpflichtet, die Miete an den Vermieter zu zahlen. Aufgrund der corona-bedingten Einschränkungen wurde die Miete nicht gemindert (siehe dazu auch BGH, Urteil vom 16.02.2022 – XII ZR 17/21). Diese Einschränkungen beruhten nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache, sondern auf dem Geschäftsbetrieb des Mieters, der mit dem sich daraus ergebenden Publikumsverkehr die Gefahr einer verstärkten Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus begünstigte, die aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt bzw. beschränkt werden sollte. Das Mietobjekt stand daher grundsätzlich weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung. Der Vermieter hat nicht für öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen oder Ähnliches einzustehen, sodass auch der Mietzweck nicht beeinträchtigt war. Dem Vermieter war daher die vertraglich geschuldete Leistung zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache nicht unmöglich.

Die Regelungen im Nachtrag wurden aufgrund der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Umsatzeinbußen mit dem Mieter vereinbart. Die Voraussetzungen für eine Störung der Geschäftsgrundlage lagen nach Abschluss des Nachtrages nicht mehr vor. Der Mieter hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung zukünftiger Pandemiefolgen, da er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses des Nachtrages bereits wusste, dass die Corona-Pandemie ab September 2020 voraussichtlich noch nicht überwunden sein würde. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie waren damit Gegenstand der Vertragsverhandlungen.

Praxistipp

Abschließend bestätigt die Entscheidung, dass Einschränkungen aufgrund von Pandemien wie Schließungen gewerblicher Räume keinen Mietmangel darstellen. Die Diskussion darüber, ob es sich um höhere Gewalt handelt, ist irrelevant, wenn ein Nachtrag zum Mietvertrag vereinbart wurde, der die Auswirkungen der Pandemie berücksichtigt – selbst wenn die genauen Auswirkungen nicht bekannt oder vorhersehbar waren, was auch für aktuelle Nachträge gelten kann. Daher sollte bei zukünftigen Nachträgen eine Klausel zur Berücksichtigung möglicher Pandemiefolgen aufgenommen werden.

Mag. jur. Carl M. Mang

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

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